Die Plattform für Abwärme in Deutschland entwickelt sich weiter – und mit ihr die gesetzlichen Vorgaben für Unternehmen.
Am 17. November 2023 trat das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) in Kraft, das verschiedene Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Steigerung der Energieeffizienz festlegt. Mit der neuesten Version 1.3 des Merkblatts zur Plattform für Abwärme werden Änderungen für die Unternehmen, die Abwärme melden müssen, festgeschrieben. Insbesondere die Einführung neuer Bagatellschwellen und die Verlängerung der Fristen für die Datenübermittlung sind von Bedeutung. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Neuerungen zusammen und erklärt, wie Unternehmen davon betroffen sind.
Was ist die Plattform für Abwärme?
Die Plattform für Abwärme wurde geschaffen, um das Abwärmepotential deutscher Unternehmen sichtbar zu machen und so die Energieeffizienz zu steigern. Unternehmen, die Abwärme freisetzen, sollen diese, sofern möglich, weitergeben – an andere Unternehmen oder Fernwärmebetreiber. Ziel ist es, durch die Nutzung industrieller Abwärme die Wärmeversorgung in Deutschland langfristig auf eine nachhaltige Basis zu stellen und somit die Dekarbonisierung der Wärmenetze zu fördern.
Das Gesetz verpflichtet Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtenergieverbrauch von über 2,5 Gigawattstunden (GWh), ihre Abwärmedaten auf der Plattform zu veröffentlichen, um Transparenz zu schaffen und die Vernetzung von Wärmeangebot und -nachfrage zu erleichtern. So erhalten interessierte Parteien wie Fernwärmeanbieter oder industrielle Wärmeabnehmer Zugang zu Daten über mögliche Abwärmequellen in ihrer Region und können sich über die potenzielle Nutzbarkeit informieren.
Neu eingeführte Bagatellschwellen: Welche Unternehmen sind betroffen?
Mit der neuen Version 1.3 des Merkblatts werden die sogenannten Bagatellschwellen präzisiert. Diese Schwellenwerte legen fest, wann Unternehmen von der Meldepflicht befreit sind. Sie sind besonders für kleinere Unternehmen oder Anlagen von Bedeutung, bei denen die Abwärmemenge nicht erheblich ist.
1. Anlagenschwelle
- Abwärmemenge: Eine Anlage muss nur gemeldet werden, wenn sie mindestens 200 Megawattstunden (MWh) Abwärme pro Jahr erzeugt. Diese Schwelle basiert auf dem letzten abgeschlossenen Kalenderjahr oder den letzten 12 Monaten.
- Betriebsstunden: Alternativ gelten Anlagen als unwesentlich, wenn sie weniger als 1.500 Stunden pro Jahr laufen.
- Temperaturschwelle: Auch Anlagen mit einer Abwärmetemperatur von unter 25 °C im Jahresdurchschnitt fallen nicht unter die Meldepflicht.
Damit will das Gesetz Unternehmen entlasten, die nur geringe Abwärmemengen produzieren, und konzentriert sich auf große Wärmequellen mit höherem Potential zur Weiternutzung.
2. Standortschwelle
- Die Meldepflicht gilt nur für Standorte, deren gesamte Abwärmemenge 800 MWh pro Jahr überschreitet. Auch hier wird auf das vergangene Kalenderjahr oder die letzten 12 Monate Bezug genommen.
- Grafiken im Merkblatt veranschaulichen, wie die verschiedenen Abwärmequellen und -mengen eines Standorts zusammengeführt werden, um die Gesamtsumme zu bestimmen.
Die detaillierten Grafiken im Merkblatt illustrieren, wie Unternehmen die Bagatellschwellen einfach berechnen können. Sie helfen auch dabei, zu verstehen, in welchen Fällen eine Zusammenführung von Abwärmequellen zulässig ist, was insbesondere für größere Standorte mit verschiedenen Abwärmequellen relevant ist.
Neue Fristen für die Datenmeldung
Zusätzlich zu den neuen Schwellenwerten werden im Merkblatt Version 1.3 die Fristen für die erstmalige und regelmäßige Datenübermittlung an die Plattform für Abwärme angepasst:
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Erstmalige Meldefrist: Unternehmen müssen ihre Daten bis spätestens 1. Januar 2025 auf der Plattform für Abwärme bereitstellen.
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Jährliche Aktualisierung: Jedes Unternehmen ist verpflichtet, die Abwärmedaten jährlich bis zum 31. März zu aktualisieren. Das ist besonders wichtig, falls sich der Energieverbrauch oder die Abwärmemengen verändern.
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Bußgelder bei Verstößen: Unternehmen, die ihre Daten nicht rechtzeitig oder unvollständig melden, riskieren Bußgelder von bis zu 50.000 Euro. Daher ist es entscheidend, dass Unternehmen die Fristen einhalten und ihre Daten korrekt und vollständig bereitstellen.
Mit den aktualisierten Fristen gibt der Gesetzgeber Unternehmen mehr Zeit für die Erhebung und Übermittlung ihrer Abwärmedaten und räumt eventuelle Unsicherheiten bei der Erstmeldung aus. Das Ziel bleibt jedoch, langfristig alle relevanten Abwärmequellen in Deutschland sichtbar und nutzbar zu machen.
Weitere wichtige Änderungen: Schätzungen und Modellierungen
In einigen Fällen können Unternehmen ihre Abwärmedaten nicht vollständig messen. Dafür bietet das Merkblatt die Möglichkeit, Schätzungen und Modellierungen vorzunehmen, solange diese plausibel und nachvollziehbar sind. Eine Schätzung ist dabei zulässig, wenn die Methoden, Berechnungen und Annahmen den tatsächlichen Bedingungen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten entsprechen.
Für alle gemeldeten Daten gilt die Anforderung, diese für Dritte nachvollziehbar zu dokumentieren, etwa im Rahmen eines fortgeschrittenen Energiemanagementsystems. Sollten Daten nur geschätzt oder teilweise mithilfe von Schätzungen berechnet worden sein, muss dies bei der Eingabe auf der Plattform angegeben werden.
Ausnahmen und Sonderfälle: Wer ist von der Meldepflicht befreit?
Das Merkblatt Version 1.3 sieht auch Sonderregelungen vor. So sind bestimmte Einrichtungen grundsätzlich von der Meldepflicht befreit, darunter:
- Verfassungsschutzbehörden und Streitkräfte
- Kerntechnische Anlagen, die unter das Atomgesetz (AtomG) fallen
Darüber hinaus sind auch Unternehmen, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden, bis zum Ende dieses Verfahrens von der Meldepflicht ausgenommen.
Fazit: Effiziente Nutzung industrieller Abwärme mit klaren Regeln
Mit der Einführung der Plattform für Abwärme und den aktualisierten Bagatellschwellen und Fristen wird ein transparenter Rahmen geschaffen, um Abwärme in Deutschland effizient zu nutzen. Unternehmen profitieren von der Klarheit, die die neuen Schwellenwerte und Fristen bringen, da diese den Meldeaufwand für kleinere und geringfügige Abwärmequellen reduzieren. Gleichzeitig wird der Umwelt ein wertvoller Dienst erwiesen: Die Nutzung von Abwärme trägt maßgeblich zur Reduktion des Primärenergieverbrauchs bei und fördert die Dekarbonisierung der Wärmenetze.
Nutzen Sie die Möglichkeiten der Plattform für Abwärme, um Ihre ungenutzten Wärmequellen sichtbar zu machen und gemeinsam mit anderen Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Klimaschutz zu leisten. Die Plattform kann zudem als wertvolle Ergänzung für bestehende Energiemanagement-Systeme nach ISO 50001 dienen und bietet durch die Transparenz von Abwärmedaten Ansatzpunkte für eine nachhaltigere Energiebeschaffung. Durch die Nutzung vorhandener Ressourcen und die Implementierung von Abwärmepotentialen kann die Energieeffizienz langfristig gesteigert und das Energiemanagement auf eine neue Ebene gehoben werden.
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