Die aktuellen Schlagzeilen über die US-Techkonzerne und deren Nutzung von Atomenergie in den USA sind bemerkenswert. Google und Amazon wollen mit kleinen modularen Reaktoren (SMR) den absehbar ansteigenden Strombedarf decken. Microsoft plant seine Versorgung mit dem damals wegen einer Teil-Kernschmelze „legendären“ Thee Mile Island Kraftwerk (Harrisburg), das in 2019 bereits stillgelegt wurde.

Bei genauerem Blick auf die Situation ist vor allem interessant, dass die Unternehmen sich zu diesem risikoreichen Schritt wegen der explodierenden Stromnachfrage der Rechenzentren entschlossen haben. Der KI-Boom treibt die Nachfrage nach Strom – insbesondere bei den Techkonzernen nach CO2-freiem Strom – massiv an. Laut Wirtschaftswoche („Darum investieren US-Techkonzern jetzt massiv in Atomkraft, 17.10.2024“ Amazon, Microsoft, Google: Darum investieren die Konzerne in Atomkraft (wiwo.de)), die sich auf die Internationale Energieagentur beruft, „könnte der Energieverbrauch von Rechenzentren in den USA bereits 2026 rund ein Drittel des gesamten Energiebedarfs der USA ausmachen“

In Deutschland machen aktuell Rechenzentren etwas 3,5 % des Stromverbrauchs aus, was somit in 2022 auf ca. 17,9 TWh Stromverbrauch kommt (Quelle: Rechenzentren 2022 (borderstep.de).

vgl. Rechenzentren 2022 (borderstep.de)

 

 

 

Quelle: Borderstep (Abbildung 1: Energiebedarf der Server und Rechenzentren in Deutschland in den Jahren 2010 bis 2022 (Quelle: Hintemann, Hinterholzer & Seibel (2023))

Momentan wird mit Steigerungsraten von ca. 6% gerechnet. Allerdings ist der Entwicklungsprozess der neuen Rechenzentren heftig und lokal auch unterschiedlich, so dass er schwer zu prognostizieren ist. Insbesondere im Frankfurter Raum gibt es aufgrund günstiger Internetstrukturknoten einen sprunghaften Zuwachs. Dort werden bereits 50% des Frankfurter Stroms für die Rechenzentren verwendet. (Quelle: Experte: Stromverbrauch durch Künstliche Intelligenz wächst rasant | MDR.DE)

Unter Annahme von sehr intensiven Ausbauszenarien ist bis 2030 mit einer knappen Verdoppelung der Verbrauchsmenge zu rechnen, so dass ein Niveau von 33 TWh vorstellbar wäre, (vgl. Rechenzentren 2022 (borderstep.de) was nicht vergleichbar wäre mit dem extremen Nachfragezuwachs in den USA. Ein Anteil von 7% an der gesamten Stromnachfrage in Deutschland in 2030 wäre hoch geschätzt.

Werden sich die zunehmenden Strommengen zum Betrieb von Rechenzentren langfristig auf die Strompreise auswirken? Ein Mehrbedarf von ca. 15 TWh/a bis 2030 dürfte noch im Rahmen der bereits geplanten Nachfragezuwächse für Deutschland insgesamt liegen. Die langfristigen Preise am Terminmarkt der deutschen Strombörse signalisieren bislang noch keine zukünftigen Preisanstiege. Die preistreibende Wirkung einer erhöhten Stromnachfrage durch Rechenzentren scheint sich also noch in Grenzen zu halten.

Allerdings ist die absehbare Nachfragezunahme insgesamt bereits herausfordernd. Nach Einschätzung des BMWK wird die Stromnachfrage bis 2030 auf ca. 750 TWh zunehmen, was im Vergleich zu 2021 einem Nachfrageplus von 190 TWh entspricht. (BMWK – Unser Strommarkt für die Energiewende). Somit hätte der Rechenzentrumsausbau bereits 5% – 8% Anteil an diesem Nachfragezuwachs. Nur wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Lastabdeckung im Winter und der Stromnetze mit dieser Entwicklung Schritt hält, kommt es nicht zu steigenden Preisen.

Einschätzung Elbe Energie

Die Unsicherheiten für zukünftige Markteinschätzungen nehmen zu. Die verschiedenen langfristigen Wachstumstreiber, wie Rechenzentren insbesondere mit KI-Ausbau, E-Mobilität, Wärmepumpen, etc. bringen alle für sich schon eigene Planungsunsicherheit mit. Eine vorausschauende Energiebeschaffung für Unternehmen sollte diese Entwicklungen im Blick behalten, um von preistreibenden Verschiebungen zwischen Angebot und Nachfrage nicht überrascht zu werden. Mit einer guten Beschaffungsstrategie sollten Sie diesen Risiken rechtzeitig begegnen.

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